Letzter Großangriff der alliierten Bomberflotte auf Leipzig (Engelsdorf und Wahren)


Anfang April 1945 war der von Hitler entfesselte Krieg an seinen Ausgangspunkt zurückgekehrt. Die Rote Armee hatte bereits im März an einigen Stellen die Oder überschritten. Damit stand sie noch etwa 400 km von Leipzig entfernt. Die amerikanischen Truppen hatten im Ruhrgebiet die Heeresgruppe B mit ca. 325 000 Mann im Ruhrgebiet eingekesselt. Im Harz, der zur Festung erklärt war, verschanzte sich die 11.Armee. Sie wurde jedoch von amerikanischen Truppen eingeschlossen und somit isoliert. Leipzig war mit seinen 700 000 Einwohnern eine der wichtigsten Industriezentren. Hier konzentrierten sich, neben Wissenschaft und kriegswichtiger Grundstoffindustrie, auch größere Rüstungsbetriebe wie z.B. die Erla-Werke. Die Erlawerke besaßen Betriebsteile in Abtnaundorf, Heiterblick, Pfaffendorfer Straße und Mockau. In Leipzig wurden Schützenpanzerwagen, KFZ und Panzerfäuste hergestellt. Vor allem aber war Leipzig ein Zentrum der Luftrüstung.

Mitte März 1945 tauchten im Raum Leipzig Jagdbomber der Luftflotten der Alliierten auf. Sie sollten Schneisen in die unstabile deutsche Abwehr schlagen. Am 15. März griffen Bomber um 16:20 Uhr die Motorenwerke Taucha an. Der Einsatz der Bomber verlagerte sich gegen Ende des Krieges immer mehr nach Osten. Bei einer Diskussion der obersten Kommandeure der Royal Air Force am 29.März 1945 wurde als Haupteinsatzraum die Gegend um Weimar sowie die Region Leipzig festgelegt. Am selben Tag wurde der Entschluss gefasst, dem Raum Leipzig höchste Priorität zuzumessen. Deutschland sollte in eine Verkehrswüste verwandelt werden.

Der Luftkrieg gegen Leipzig wurde in der Kriegsendphase von den strategischen Bomberverbänden der Amerikaner bestimmt.In den letzten Kriegstagen meldete sich das britische Bomber Command zurück. In den Morgenstunden des 6.April 1945 startete die US Air Force 659 Bomber aller drei Luftlandedivisionen. Hauptziel: Zerschlagung der Verkehrsknotenpunkte Halle, Leipzig-Wahren, Mockau, Engelsdorf. Die Rangierbahnhöfe Wahren und Engelsdorf stellten wichtige Knotenpunkte des Ost-West-Eisenbahnverkehrs dar. In Engelsdorf wurden täglich 2500 Waggons rangiert. Nebliges Wetter verhinderte eine visuelle Erkennung der Ziele. Statt Wahren, Engelsdorf und Mockau zu bombardieren , schwenkten die amerikanischen Bomber auf die Leipziger Innenstadt ab und warfen 696 Tonnen Spreng- und 132 Tonnen Brandbomben ab.

Am7.April kreiste ein Aufklärer über Leipzig. Er bestätigte, dass weder Engelsdorf, Mockau noch Wahren als Verkehrsknotenpunkte ausgeschaltet werden konnten. Der letzte Großangriff auf Leipzig am 10.April 1945 wurde dem britischen Bomber Command übertragen.

Das RAF Bomber Command war vom 14. Juli 1936 bis 1968 das Oberkommando über die Bomberflotte der Royal Air Force. Bomber Command stand auch für die britische Bomberflotte als solche. Seine Aufgabe war die Planung und Führung von strategischen Bombenangriffen. Während des Zweiten Weltkrieges führte das Bomber Command eine Vielzahl von Bombenangriffen auf Ziele in Deutschland, im deutsch besetzten Europa sowie faschistischen Italien durch. Chef des Bomber Command war seit 1942 Arthur Harris.

Harris entschloss sich, den Bombenangriff in den frühen Abendstunden durchzuführen. Um 14:30 Uhr hoben die ersten britischen Verbände ab. Sie erreichten kurz vor 18:00 Engelsdorf. Im Bericht der 8. Bombergroup heißt es: Der Angriff begann um 17:55 Uhr mit Oboe(Oboe=Observer Bombing Over Enemy) war ein britisches Funknavigationssystem für Bomber im Zweiten Weltkrieg. Das System wurde ab Dezember 1942 in Betrieb genommen. gelenkten roten Zielmarkierungsbomben und dicht um den Zielpunkt fielen., der deutlich auszumachen war. Das Bombardemant war zeitlich konzentriert und lag gut um das Eisenbahnzentrum. Der Masterbomber lenkte die Bomben auf die roten Zielmarkierungsbomben. Am Ende des Angriffs erreichte eine dicke bläuliche Rauchwolke eine Höhe von etwa 3500 Meter. Die Verteidigung durch die Wehrmacht geschah nur durch eine leichte und schwere Flak. Außerdem gab es einen Jägerangriff über dem Ziel.

In der darauffolgenden Nacht unternahm ein Verband von 95 Maschinen einen letzten schweren britischen Luftangriff auf Leipzig, um den Verschiebebahnhof in Wahren zu zerstören.



Von 17:55 bis 18:02 warfen 124 Lancasterbomber 505,4 Tonnen Spreng- und 14,3 Tonnen Brandbomben ab. Erklärtes Ziel war die Zerstörung des Güterbahnhofes Engelsdorf und des RAW's. Die am 11.April 1945 über Leipzig geflogenen Luftaufklärung bestätigte dem alliierten Oberkommando die vernichtende Wirkung des Angriffs. In Engelsdorf wurden sehr schwere Verwüstungen ausgemacht. Der Angriff kostete 337 Menschenleben.



In der darauffolgenden Nacht unternahm ein Verband von 95 Maschinen einen letzten schweren britischen Luftangriff auf Leipzig, um den Verschiebebahnhof in Wahren zu zerstören.



Das Bild zeigt den zerstörten Güterbahnhof zwischen Güterbahnhofstraße und RAW, es wurde am 11.April 1945 von der Royal Air Force gemacht. Links oben ist noch das Kohlensäurewerk mit seinen markanten Turm zu erkennen.





Quellen:
Leipzig im Luftkrieg 1940-1945
Olaf Gröhler

Die Nacht, als der Feuertod vom Himmel stürzte
Birgit Horn