Historie V



Nach dem am 13.August 1961 der erste Arbeiter- und- Bauernstaat auf deutschen Boden seine Bürger für 28 Jahre einsperrte, festigten sich die inneren (ökonomischen) Verhältnisse vorläufig

Die zentralisierte Verwaltungswirtschaft in der DDR, die auf der Grundlage von Fünfjahresplänen produzierte und die Verteilung von Lebensmitteln und Konsumgütern organisierte, beruhte auf der erzwungenen Verstaatlichung privater Eigentumsformen in allen Bereichen der DDR-Volkswirtschaft. Im Jahr 1946 wurden alle Großgrundbesitzer, die über 100 Hektar (ha) Ackerfläche besaßen, in der damaligen sowjetisch besetzten Zone enteignet. Aber auch Betriebe von unter 100 Hektar Fläche waren im wesentlichem Maße davon betroffen. Vielfach denunzierte man Landwirte als Nationalsozialisten oder Kriegsverbrecher, obwohl sie nicht in die Verbrechen des Naziregimes verwickelt waren. Das Land wurde überwiegend an so genannte "Neubauern" (hauptsächlich ehemalige Landarbeiter und Flüchtlinge) verteilt. Am 9.Oktober 1945 wurde in Engelsdorf die Bodenreform durchgeführt. Diese Maßnahme betraf u.a. das Trampsche Gut, Eigentum der Familie Oriola. Sechs Neubauern übernahmen diese Fläche.

In den 50er Jahren begann in der DDR eine forciert vorangetriebene Kollektivierung der Landwirtschaft nach sowjetischem Vorbild. Unter starkem politischem Druck gaben bis 1960 die letzten bäuerlichen Familienbetriebe die eigenständige Produktion auf. Seitdem dominierten Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften (LPG), in denen die Ackerflächen gemeinschaftlich bewirtschaftet wurden.

Es wurden zunächst drei verschiedene Typen von LPG gebildet (Typ I, Typ II und Typ III). Je nach Typ wurden von den Bauern dabei ihr Boden (I), dazu ihre Maschinen (II) und dazu der gesamte landwirtschaftliche Betrieb mit Vieh, Maschinen und Gebäuden (III) in die Genossenschaft eingebracht. Die Bauern mussten darüber hinaus Bargeld einbringen (Inventarbeitrag). LPG des Typs III waren zunächst selten, weil es an ausreichend großen Stallungen mangelte. Viele LPG wandelten sich erst später, oftmals unter Druck von Partei und Staat vom Typ I oder II in den dann dominierenden Typ III um

In Engelsdorf gründete sich 1958 die LPG "Gemeinsamer Weg". Da die LPG als Typ II gegründet war, lag der Schwerpunkt in den ersten Jahren in der gemeinsamen Feldwirtschaft. Später wurde auch zur gemeinsamen Viehhaltung übergegangen.



Das Privateigentum an Produktionsmitteln war in der DDR aufgehoben. Nachdem schon in der Sowjetischen Besatzungszone die Großindustriellen, die Banken und die Großgrundbesitzer enteignet worden waren, holte man Anfang der siebziger Jahre zum finalen Schlag gegen die verbliebenen kleinen und mittleren Unternehmen aus, die bis dahin halbstaatlich verwaltet wurden. Sie wurden ganz enteignet, und wie es im Parteichinesisch hieß, ins Volkseigentum überführt.
Das Volkseigentum war eigentlich nur zum Schein Eigentum des Volkes. Vielmehr war es eine ideologisch beschönigte Bezeichnung für Staatseigentum gewesen. In der Tat haben sich viele Menschen in der DDR nicht mit ihrem Volkseigentum identifiziert. Des Weiteren ging die Kontrolle über das Volkseigentum vom Staat aus, welcher aufgrund des Führungsanspruchs der SED nicht mit dem gesamten Volk identisch war.
So kassierten die die SED-Machthaber 1972 in Engelsdorf die Zentrifugenfabrik von Heinz Janetzki ein. Fortan gehörte das Unternehmen zum VEB Medizintechnik Leipzig.


Oben im Bild eine Laborzentrifuge der Firma Heinz Janetzki.


Die Fa.Janetzki war bei weitem nicht der einzige Betrieb, der den Verstaatlichungszwängen der SED zum Opfer fallen sollte. Allerdings gab es auch Betriebe die dem Druck der Kommunisten standhielten. Erwähnenswert wäre hier die Firma Gustav Petermann die von Günther Bjarsch- dem Enkel des Firmengründers, geleitet wurde.



Der 29-jährige Ernst Schumann übernahm im Jahre 1893 die väterliche Schmiede in Sommerfeld. Sein Interesse galt dem Schmiedehandwerk und der Technik. Im Gegensatz zum Vater empfand Ernst Schumann keine Neigung für die Landwirtschaft. Produzierte die Firma anfangs Zubehörteile für Holzdrehbänke, so spezialisierte sie sich ab 1900 auf den Bau von Bohrmaschinen. Dieses Jahr kann als das Gründungsjahr der Firma Schumann angesehen werden. 1916 wurde sein Betrieb in das Handelsregister eingetragen.1928 erfolgte die Umwandlung der Firma in eine Kommanditgesellschaft. 1947 geht die Schumann KG in Treuhandverwaltung und wird im Zuge der allgemeinen Verstaatlichung 1948 ein VEB - Betrieb. Bis Ende der fünfziger Jahre werden hier Bohr- und Werkzeugmaschinen hergestellt. Danach werden Spezialmaschinen für die Elektrokeramik gefertigt. Der Betrieb nennt sich ab da Sondermaschinen und Vorrichtungsbau. 2004 erfolgte die Umbennenung in Sondermaschinenbau Engelsdorf. In der Regel werden jetzt Produkte für Förder- und Montagetechnik hergestellt. Die Firma belegt aber nur ein Teil des gesamten Fabrikgeländes. Kleinere Betrieb haben sich in den ursprünglichen Hallen der Firma Schumann eingemietet. Das Bürogebäude der ehemaligen Bohrmaschine (wie sie heute noch landläufig genannt wird), steht seit einigen Jahren leer.

Das erste Bild links oben zeigt die Erweiterungsbauten aus den Anfängen der Fabrik. Daneben die Hallen die später auf der gegenüberliegenden Straßenseite im Laufe der Jahre dazu gekommen sind. Auf dem vorletzten Foto links ist die Ecke Arnoldplatz-Herzberger Straße von heute zu sehen. Auf dem freien Platz, vor dem Bürogebäude, stand das kleine Fachwerkwerkhaus der Familie Schumann. Das rechte Bild ist eine Fotomontage in dem das Haus, so wie es etwa existiert hat, eingefügt ist.

Die beiden Bilder auf der rechten Seite sind aus einem Katalog der Firma Schumann von 1935 entnommen und zeigen 2 Bohrmaschinen aus der breiten Produktpalette des Betriebes. Im Jahre 1937 verließ die 15 000. Maschine das Werk. Der Exportanteil der Produktion war erheblich.



Ein weiterer wichtiger Arbeitgeber war die "Pappe", die Wellpappenwerke in der Hugo- Aurig-Straße. Wellpappe selbst wurde in den flachen Hallen erst ab 1910 hergestellt. Vor dem Krieg war die "Pappe" ein Privatunternehmen, als Hugo Aurig G.m.b.H. Während des Krieges mussten Frauen die Arbeit von Männern übernehmen. Die Zwangsenteignung der Fabrik erfolgte am 1.7.1948. Am 8. Dezember 1948 erfolgt die Gewerbeanmeldung als volkseigene Kartonagen-und Wellpappenfabrik, am 12. November 1952 letztendlich als VEB Papierverarbeitungswerke Engelsdorf. So fristete das Unternehmen zu DDR-Zeiten seine Existenz innerhalb eines großen Kombinates und stellte genau so viel auf die Beine, wie alle anderen Engelsdorfer Betriebe, Erholungsobjekte, Kinderferienlager, Betriebsfestspiele, Sportwettkämpfe. Die politische Wende, die vielen mitteldeutschen Unternehmen die Existenz kostete, konnte der Wellpappe nichts anhaben. 1990 übergab die Treuhand die "Pappe" an die neuen Geschäftsführer. Die Selbstständigkeit des Unternehmens wurde aufgegeben, denn die "neue" Wellpappe wurde ein Teil der Unternehmensgruppe "Verpackung+Diplay Stabernack jr. Partner" Leider wurde das Werk mit seiner großer Tradition 2008 geschlossen. Die Flächen stehen mittlerweile zum Verkauf (Gewerbegebiet Hugo-Aurig-Straße).





Im Jahre 1908 kam Baumeister Günther nach Engelsdorf. Im März des Jahres gründete er ein Bauunternehmen, das schon bald beträchtliche Ausmaße annahm. Herr Günther wusste genau, dieses Dorf hatte Zukunft durch die Eisenbahn. Die Investitionen der Reichsbahn sorgten für eine Belebung des Baugeschäftes. Die Errichtung des Werkstättenbetriebes für Lokomotiven und Waggons zog Arbeitskräfte aus allen Teilen Deutschlands an. Sie alle brauchten Wohnungen und alles andere zum Leben. Für den Baumeister eröffnete sich ein großes Betätigungsfeld. Herr Günther schuf viele Wohnungen, Bauten im Bahnwerk, das Gaswerk sowie ganze Straßenzüge. Das Highlight seines Schaffens war sicherlich der Bau des katholischen Kinderheims St. Gertrud in der Althener Straße. Seine Ehe brachte 3 Kinder hervor, die es nach der Gründung der DDR jedoch sehr schwer hatten und bald den Baubetrieb aufgeben mussten

Weil aber die Orte Sommerfeld und Engelsdorf schon damals einer drohenden Eingemeindung entgehen wollten, schlossen sie sich 1923 zu einer Gemeinde zusammen. Im Jahre 1939 zählte die Gemeinde reichlich 8000 Einwohner. 1913 hatte Engelsdorf 3800, Sommerfeld 1700 Einwohner. Durch die rasche Bevölkerungsentwicklung musste sich zwangsweise auch die Infrastruktur anpassen. Bis 1908 erfolgte der Schleusenausbau. 1911 kam der Anschluss an die elektrische Überlanzentrale. Auch ein eigenes Gaswerk wurde gebaut. 1913 entstand der Wasserturm im Rahmen des Wasserwerksverbundes mit Mölkau. Er ist bis heute ein Wahrzeichen Engelsdorfs. 1927 holte Bürgermeister Arthur Winkler die Straßenbahn nach Engelsdorf. Auch siedelten sich viele Gastronomen, Händler und Familienbetriebe an. 1930 gab es in Engelsdorf z. B. zehn Gaststätten.

So facettenreich wie vor, aber auch nach dem 2.Weltkrieg, wird wohl das Geschäftsleben in Engelsdorf nie wieder sein, insbesondere was das Einkaufen betrifft. Ob nun im Ortsteil Sommerfeld oder in Engelsdorf selber, die vielen kleine Läden die die Geschäftigkeit des Ortes ausmachten gehören der Vergangenheit an.

Allein in Sommerfeld gab es bis in die 70er Jahre hinein ca. 20 Einzelhandelsgeschäfte. Bäckereien gab es gleich 3, die an der Leipziger Straße angesiedelt waren - Bäckerei Hepner, Bäckerei Patzsch und die Bäckerei des Herrn Schröder.

Der Untergang der DDR und die folgende Wiedervereinigung brachte nicht nur die Verwirklichung von lang gehegten Träumen. Die heiß ersehnte und erkämpfte freie Marktwirtschaft bescherte uns neben harter Währung, Pressefreiheit und freien Wahlen auch soziale Unsicherheit, Arbeitslosigkeit und Obdachlosigkeit. Wir mussten alle lernen, dass es nichts für umsonst gibt. Die soziale Hängematte konnte die DDR letztendlich nicht mehr finanzieren, was einer der Gründe für ihren Untergang war.

Seit der "Wende" büßte Engelsdorf alles ein, was einen in Jahrzehnten gewachsenen Ort ausmacht: Charisma, Arbeitsplätze und vor allem seine Eigenständigkeit. Großbetriebe wie das RAW, und die Baumechanik wurden abgewickelt oder geschrumpft.


Quer durch den Ort verteilen sich heute einige Dienstleistungs- und Handelsbetriebe, jedoch gibt es fast keine Einzelhandelsbetriebe mehr. Das Industriegelände des ehemaligen RAW wird heute zum Teil von mehreren Gewerbebetrieben genutzt, die einzelne Gebäude angemietet haben. Der aus der Deutschen Bahn AG ausgegliederte Teil, der zwischenzeitlich unter den Namen LRS (Leipzig Rail Service GmbH) arbeitete, belegt ein Teil des RAW Geländes. Inzwischen ist LRS in den schwedischen Konzern Euromaint aufgegangen. An der Ernst - Guhr - Straße, auf dem ehemaligen Gelände der Firma Ernst Brangsch (Zu DDR-Zeiten Baumechanik), entstand eine Firma für Feinmechanik.

Teile des Baumechanikgeländes gehören zum Gewerbegebiet Hans-Weigel-Straße, das sich westlich der Straße bis kurz vor die Brücke hinzieht. Innerhalb des Geländes befindet sich das 1911 in Betrieb genommene Gaswerk Engelsdorf das zu DDR-Zeiten den Ferngasleitungsbau Engelsdorf beherbergte. Der Verwaltungsbau sowie das dazugehörige Gelände wurde von der MITGAS AG übernommen. Das Gewerbegebiet gehört zum ehemaligen Industriegürtel von Engelsdorf. Der südliche Teil wird durch Bauunternehmen und KFZ-Diensleistungen genutzt. Im nördlichen Teil findet man neuere Büro- und Gewerbegebäude.