Wohnen in Engelsdorf




Ohne Zweifel ging es in den sechziger Jahren in der DDR langsam aufwärts- allerdings nicht zu vergleichen mit dem Aufschwung(Wirtschaftswunder) im anderen Teil Deutschlands

Der Aderlass durch die Massenflucht war gestoppt. Die Menschen begannen sich zwangsläufig mit dem System zu arrangieren. Mit dem Neuen Ökonomischen System startete die DDR in den sechziger Jahren einen wirtschaftlichen Reformversuch. Die Betriebe wurden angeregt, Gewinne zu erwirtschaften. Sie sollten dann selbstständig Investitionsentscheidungen treffen können. Es wurde der Versuch unternommen die Probleme der zentrale Planwirtschaft mit Elementen der Marktwirtschaft zu kompensieren. Leider kam es in Folge zu Missverhältnissen in der Volkswirtschaft, da man sich nur auf bestimmte Wirtschaftszweige konzentrierte was wiederum zur Mangelversorgung der Bevölkerung führte. Größtes Problem war bis zum Ende der DDR der Wohnungsbau.

In der der DDR herrschte permanenter Wohnungsmangel, nicht selten Wohnungsnot. Bis 1961 verließen mehr als 3 Millionen Menschen die DDR, trotzdem blieb Wohnraum Mangelware. Junge Eheleute fanden keinen Wohnraum. Oftmals teilten sie sich mit den Eltern die Wohnung Sich vergrößernde Familien mussten enger zusammenrücken.
Der Wohnungsstandard in vielen Altbauten war meist unzumutbar. Wohnungsneubauten entstanden nur punktuell.


Wohnhäuser waren bis Kriegsende meist in privaten Besitz. Es sollte sich aber niemand durch den Besitz der Immobilien bereichern - so die Terminologie der Staatsführung. Deshalb verfügten die Behörden bereits 1945 einen Mietstopp. Die Mieten fror man auf Vorkriegsniveau ein. Das änderte sich auch nicht bis zum Ende der DDR. Die vom Staat festgesetzten Mieten galten für jegliche Wohnraum egal ob privat, kommunal oder staatlich. Die Mieteinnahmen waren so gering, dass Reparaturen kaum und Sanierungen unmöglich waren.

In Engelsdorf entstanden Anfang der sechziger Jahre Neubaublocks die eigentlich gut in die Landschaft passten, da sie sich noch wohltuend von den Ghettos der siebziger und achtziger Jahre abhoben. Die Bauweise war luftig und von Grünflächen durchbrochen. Darüber hinaus wurden diese Gebäude nur mit 3 oder 4 Etagen errichtet, versehen mit einen Satteldach. So passten sie sich den Altbauten in der Umgebung an. (Arthur-Winkler-Straße/Hans-Weigel-Straße). Auch in der damaligen West- und Südstraße entstanden 2 Blocks.

Auf dem VIII. Parteitag der SED im Juni 1971 wurde u.a. die Lösung der Wohnungsfrage bis 1990 beschlossen. Es sollten 3,5 Millionen Wohnungen von Grund auf saniert oder neu gebaut werden. Plattenbauten entstanden in der DDR auf der grünen Wiese so z.B. in Leipzig-Grünau, Leipzig -Schönefeld und Paunsdorf. Monotonie wurde in Kauf genommen. Ökonomische Erfordernisse rangierten vor individuellen Wünschen. Damals war eine Neubauwohnung für viele Familien ein heiß ersehntes Ziel, verfügten sie doch über Fernheizung und fließend warmes Wasser.

So wie in der gesamten DDR war es auch in Engelsdorf üblich, dass die sogenannten Volkseigenen Betriebe die Gemeinde unterstützten, in der sie ansässig waren. So konnte ein Betrieb der Häuser baute, gleich seine eigenen Arbeiter und Funktionäre unterbringen. Großbetriebe wie die Baumechanik oder die LPG waren geradezu dafür geschaffen, am Wohnungsbauprogramm mitzuarbeiten.

Durch die Schiebungen zwischen Gemeinde und Betrieben blieben private Vermieter oftmals auf der Strecke. In jeder Gemeinde gab es zu DDR-Zeiten ein Wohnungsamt das über die Vergabe an Wohnungen zu entscheiden hatte, so auch in Engelsdorf. Aller Wohnraum war staatlich erfasst. Hausbesitzer durften über die Wohnungen in ihrem Haus nicht selbst entscheiden. Die Genossen auf der Gemeinde entschieden, wer eine frei werdende Wohnung bekam. Dabei spielte es keine Rolle wie groß eine Familie war die eine Wohnung suchte, sondern ihr Verhältnis zu den staatlichen Organen. Funktionäre,Armee- und Parteimitglieder wurden zuerst bedient.

Wir warteten 5 Jahre auf eine Wohnung und teilten uns in dieser Zeit die elterliche Wohnung, wohlgemerkt im Haus der Eltern. Als Wohnraum verfügten wir über 1 ½ Zimmer auf 2 Etagen erst mit einem, dann mit 2 Kindern. Kochen und wohnen in einem 16m² großen Zimmer und das mit Kindern. Wie bei vielen privaten Immobilienbesitzern so verfiel auch bei unserem Haus die gesamte Substanz im Laufe der DDR-Jahre.


Unser Haus 1988 Unser Haus 1988 Forumscheck

Man bekam einfach keine Kapazitäten um die Häuser zu reparieren. Auch Eigeninitiative war oft zwecklos. Wegen jeden Sack Zement musste man sich in irgendeiner BHGBäuerliche Handelsgenossenschaft anstellen und das auch nur auf Zuruf! Wer im Besitz von Forumschecks war, konnte schneller über die begehrten Baumaterialien verfügen. Forumschecks waren Wertschecks die auf der Staatsbank der DDR gegen Devisen ausgegeben wurden. Mit dieser Ersatzwährung konnte der DDR-Bürger im Intershop einkaufen gehen.

Auch gab es die Möglichkeit über die GENEX knappe Ostwaren zu beziehen. Man musste nur über wohlhabende Westverwandte verfügen. Über die GENEX konnten sogar Einfamilienhäuser bestellt werden.



Die Geschenkdienst- und Kleinexporte GmbH (kurz Genex; später nur noch Genex Geschenkdienst GmbH) war ein am 20. Dezember 1956 auf Anordnung der DDR-Regierung gegründetes Unternehmen. Es war eine der wichtigsten Devisenquellen der Kommerziellen Koordinierung einer Abteilung des Ministeriums für Außenhandel der DDR Hauptsitz war in Ost-Berlin. Quelle: Wikipedia



Gott sei Dank kam dann der schon lange vorprogrammierte Untergang der DDR. Das Haus erfuhr die notwendigen Reparaturen, wir konnten endlich über den eigenen Wohnraum verfügen und der Rat der Gemeinde war ein anderer.