Am 14. April 2012 war es genau 85 Jahre her, dass die Gemeinde Engelsdorf erstmals von der Straßenbahn erreicht wurde. Leider währte der Straßenbahnbetrieb nur bis zum 30. September 1974.
Im Spätsommer 1926 begannen die Bauarbeiten an der Engelsdorfer Strecke - die nun ab Betriebshof Paunsdorf neben der Dresdner Chaussee(heute Riesaer Straße) in Randlage verlegt wurde. Aus Platz- und Kostengründen musste die neue Strecke auch zwischen Paunsdorf und Sommerfeld, der Querung mit der Staatsstraße nach Dresden, eingleisig gebaut werden. Lediglich eine Ausweiche gestattete Kreuzungen der Linienzüge. Anschließend ging es weiter eingleisig über die Hans-Weigel-Brücke und im Zuge der Hans-Weigel-Straße bis zur Apotheke Engelsdorf. Mit einer Linkskurve erreichte die Strecke die A.-Winkler-Straße, bis zur Endstelle war die Trasse nun zweigleisig ausgeführt. Auf der Hauptstraße in Höhe des heutigen Gasthofes endete die Strecke mit einem Gleisdreieck. Die Bahnen mußten also zurückstoßen, das Gleisdreieck verfügte über drei Gleise. Noch heute ist das Aufenthaltsgebäude erkennbar. Fragmente des Gleisdreiecks sind auch noch vorhanden.
Der Fußballverein Fortuna war in Leipzig eine wichtige Mannschaft. Bei Spielen des Clubs, waren die Bahnen bis zur Haltestelle Güterbahnhofstraße oftmals überfüllt. Am 1.Oktober 1927 wurde der Bau einer Gleisschleife am Fortunastadion angeordnet, die schon am 21. November 1927 nutzbar war. Die Einsatzwagen bildeten eine zusätzliche Einnahmequelle für die Leipziger Straßenbahn. Allerdings kostete die kurze Fahrt über die Stadtgrenze hinaus 5 Pfennig Zuschlag, wie alle Fahrten über die Stadtgrenzen seit Juli 1926.
1939 begann zweite Weltkrieg . Bis weit in das Jahr 1943 sind kaum Auswirkungen für Leipzig und Umgebung zu spüren -noch gibt es keine nennenswerten Luftangriffe. Leipzig und seine Umgebung waren ein wichtiger Rüstungsstandort und Verkehrsknotenpunkt, doch längst war dessen Bombardierung beschlossene Sache. Diese erfolgte am 04. Dezember 1943 ab 3.58 Uhr - 107 000 Brandbomben, 900 Sprengbomben und 20 schwere Luftminen werfen die 536 Maschinen ab. Der Straßenbahnbetrieb kam völlig zum erliegen - erst am 19.01.1944 konnte die Linie 4 wieder Engelsdorf erreichen. Bei einem der nächsten schweren Angriffe wurde auch in Engelsdorf einiges verwüstet - gut 8 Wochen dauern die Reparaturarbeiten an der Straßenbahnstrecke - ab 17.04.1944 ist die Bahn wieder im Einsatz. Nach der Verkündung des totalen Krieges am 22.08.1944 wurde nur noch der Berufsverkehr in vollem Umfang aufrechterhalten - im Tagesverkehr fuhr die Linie 4 nur noch alle 20 Minuten und Abends alle 30 Minuten, eine weitere Beschränkung bringt der 15.01.1945 -außerhalb des Berufsverkehrs nur noch alle 30 Minuten. Ein amerikanischer Luftangriff am 27. Februar 1945 setzte zunächst dem Straßenbahnbetrieb nach Engelsdorf ein Ende. Ab Ende März 1945 kam dieser unter kaum vorstellbaren Bedingungen nochmals in Gang. Der letzte Luftangriff am 10. April 1945 führte zur Zerstörung vieler Straßenbahnanlagen -der Straßenbahnbetrieb zwischen Annenstraße und Engelsdorf ruhte. Mit dem Einmarsch der Amerikaner am 17. April 1945 hatte der Wahnsinn endlich ein Ende.
Schon 10 Tage später kam der Straßenbahnbetrieb in Leipzig wieder in Gang - am 19.08.1945 erreicht die erste Straßenbahn nach dem Krieg wieder Engelsdorf. An einen geregelten Fahrplan war natürlich nicht zu denken - aber immerhin fuhr die Bahn als Zeichen des sich normalisierenden Lebens wieder.
Die beiden folgenden kalten Nachkriegswinter brachten erhebliche Probleme für den Straßenbahnverkehr, tageweise fuhr in Engelsdorf keine Straßenbahn. Zur Schonung des Fahrzeugparks ruhte ab 25. Dezember 1947 an jedem Sonntag von 8-12 Uhr der gesamte Straßenbahnverkehr. Infolge der Demontage der Stahlwerke durch die Sowjetunion und der beginnenden Teilung Deutschlands, war die Beschaffung von neuem Schienenmaterial nicht mehr möglich. Altbrauchbares musste an anderer Stelle wieder eingebaut werden. Ende 1949 wurde deshalb das zweite Gleis zwischen Apotheke und Schule ausgebaut und auch die Endstelle rückgebaut. Nur ein Gleis blieb dort nun zum Wenden. 1948 wurde die Fortunaschleife demontiert.
Auf der Pferderennbahn in Panitzsch wurden in den 50-er Jahren an Sonn-oder Feiertagen Sandbahnrennen gefahren. Diese Veranstaltung zog immer wieder Tausende Besucher an. Die Zuschauer reisten mit der Linie 2 bis zum Ortseingang Sommerfeld und liefen dann weiter nach Panitzsch. Die Linie 2 wurde dafür stets verstärkt. Nach dem Ende der Rennen wurden die Sonderwagen auf der Hans-Weigel-Straße bereitgestellt und fuhren im Minutenabstand nach Leipzig.
In den siebziger Jahren setzte sich bei den Nahverkehrsmitteln der Omnibus durch, so auch in Engelsdorf. Da die Hans-Weigel-Brücke saniert werden musste und unsere Straßenbahn durch die Querung der Fernverkehrsstraße zum Verkehrshindernis wurde, schlug am 30. September 1974 ihr letztes Stündlein. Die definitiv letzte Straßenbahn auf unserer Überlandstrecke fuhr am 01.10.1974 um 01:15 ab Engelsdorf Endstelle.
Ab 01.10.1974 übernahm die Buslinie E diese Strecke, die bis zum S-Bahnhof Engelsdorf verlängert wurde.
1992 kam die alte Streckenführung wieder ins Gespräch. Die LVB plante eine Endstelle "Sommerfeld" zu bauen. Der damalige Bürgermeister, Volker Zocher, fragte bei der LVB an,ob man die alte Linienführung wieder herstellen könne. Leider wurde das damals aus Kostengründen abgelehnt. Seit 29.Mai 1994 fährt die Straßenbahn wieder bis nach Sommerfeld, allerdings mit anderer Streckenführung. Engelsdorf selber wird von der Buslinie 72 frequentiert, die über Mölkau nach Leipzig fährt.