110 Jahre Freiwillige Feuerwehr Engelsdorf




Die Freiwillige Feuerwehr ist eine öffentliche Feuerwehr, die sich vorwiegend aus ehrenamtlichen Mitgliedern zusammensetzt. Im Gegensatz dazu besteht eine Berufsfeuerwehr aus rein hauptamtlichen Einsatzkräften. Entgegen der weitverbreiteten Meinung, in den meisten Städten Deutschlands würde es eine Berufsfeuerwehr geben, wird der Brandschutz in Deutschland hauptsächlich durch freiwillige Kräfte sichergestellt. Bei einer Gesamtzahl von 2.074 Städten in Deutschland existieren in lediglich knapp über 100 dieser Städte Berufsfeuerwehren. In allen diesen Städten gibt es zur Verstärkung der Berufsfeuerwehr auch freiwillige Abteilungen. Die Organisation, den Brandschutz in den Gemeinden größtenteils mit Freiwilligen Feuerwehren abzudecken, hat sich vor allem in den deutschsprachigen Ländern durchgesetzt.


Ihren Ursprung findet die Freiwillige Feuerwehr Engelsdorf in der Gründung der Freiwilligen Feuerwehr Sommerfeld.Sie wurde am 14.05.1904 gegründet. Der erste Hauptmann war ein gewisser Max Stiehl. Die Spritze wurde im Spritzenhaus auf dem Dorfplatz vor dem damaligen Sommerfelder Gemeindeamt verwahrt. Das Spritzenhaus existiert heute allerdings nicht mehr. Das Bild links zeigt das damalige Sommerfelder Gemeindeamt.Am linken Bildrand ist noch ein Stück von dem alten Spritzenhaus zu sehen. Engelsdorf ließ sich mit einer Aufstellung einer Freiwilligen Feuerwehr noch etwas Zeit. Bedingt durch das zügige Anwachsen des Ortes gründete sich am 30.01.1911 die FF Engelsdorf.


1914 begann der 1. Weltkrieg. Viele der Kameraden mussten zur Armee. Einige kehrten nicht mehr nach Hause zurück. Nach dem Ende des Krieges stand die Einwohnerschaft dem Wehrwesen gleichgültig gegenüber. Nach dem Brand im Straßenbahndepot Paunsdorf meldete sich dann doch wieder einige Männer zur Freiwilligen Feuerwehr. 1923 sorgte der damalige Bürgermeister von Engelsdorf Arthur Winkler, für einen Zusammenschluss der beiden Gemeinden Sommerfeld und Engelsdorf. Die beiden Wehren blieben jedoch noch einige Jahre getrennt. 1936 kam es zur Vereinigung beider Wehren. Die offizielle Verschmelzung fand am 01.09.1936 in der damaligen Gaststätte "Zum Böhmerwald"statt. Bei dieser Neugründung wurde Alfred Kummer zum Führer und Alfred Hahn zum Stellvertreter gewählt. Die deutschen Feuerwehren waren bis 1933 selbstständige Organisationen. Ab 1933 wurden sie zwangsweise in die Polizeihierarchie überführt. Hauptzielsetzung war es, eine straff ausgebildete und einheitlich geführte Polizeitruppe zu schaffen. Sie sollte vor allem im Luftschutz und im Kriegsfall eingesetzt werden können. In der Zeit des Nationalsozialismus waren sie deshalb eine wichtige Stütze des Naziregimes. 1937 begann die Motorisierung der Feuerwehren. Ende April'37 legte sich die Engelsdorfer Wehr eine Motorspritze zu mit der im November des gleichen Jahres eine Probeübung in der Arnoldstraße durchgeführt wurde.



Obwohl Leipzig bei den Alliierten auf der Liste der zu zerstörenden Städte stand, berührten die Flugrouten der Bomberpiloten den Raum Leipzig nur wenig. Das änderte sich 1943 mit den Beginn von flächendeckenden Bombardements. Am 20.Oktober 1943 starteten von ihren englischen Flugbasen 358 Bomber zum Großangriff auf Leipzig. Die Sprengbombenlast die Leipzig treffen sollte war gewaltig. 660 Tonnen sollten in der Stadt detonieren, darunter 300 Luftminen. Durch ungünstige Wetterverhältnisse war die Bombenstreuung sehr hoch. Die Treffer lagen vor allem in den südlichen und östlichen Vororten Leipzigs, insbesondere Stötteritz, Mölkau, Sommerfeld und Engelsdorf. Im Ortsteil Sommerfeld hatte die Feuerwehr mehrere Tage zu tun, für Leipzig gab es ebenfalls einen Einsatzbefehl für die Engelsdorfer Wehr.



Zum Desaster für die Feuerwehr, wurde die Dezemberkatastrophe von Leipzig. In der Nacht zum 4.Dezember 1943 brachen Schwadrone der Royal Air Force Group zu einem der bestgelungenen Bombenangriffe nach Leipzig auf. Um 3.50 Uhr war die Leipziger Innenstadt sauber ausgeleuchtet und markiert. Bis 4.25Uhr lagen knapp 300 000 Brandbomben und 665 Tonnen Spreng- und Minenbomben im Ziel. Als die pünktlich alarmierten Feuerwehren der umliegenden Gemeinden um 3.45 Uhr bereits eintrafen, konnten sie mit ihren Gerät nichts anfangen. Zwar existierten für die anders genormten Leipziger Hydranten Zwischenstücke, jedes Polizeirevier hielt sie vorrätig -waren aber in der Eile nicht auffindbar. Hilflos stand die Feuerwehr nunmehr der Situation gegenüber, dass einzelne Dachstuhlbrände zu Häuserbränden aufloderten und schließlich ganze Straßenzeilen vom Feuer erfasst wurden. Damit waren die Voraussetzungen für den gefürchteten Feuersturm Als Feuersturm bezeichnet man den Kamineffekt bei großen Flächenbränden, bei denen durch starke Hitzeentwicklung heiße Luft über dem Brandherd emporsteigt und der entstehende Sog Frischluft nachzieht. Bei diesem Kamineffekt entsteht somit eine positive Rückkopplung – die Zufuhr frischer Luft facht das Feuer weiter an. gegeben. Der Generalinspekteur für das Feuerlöschwesen im Hauptamt der Ordnungspolizei, Generalmajor Hans Rumpf, der sich zufällig am 4.Dezember 1943 in Leipzig aufhielt schildert in seinem Bericht:"Das Aufkommen mehrer großer Feuerstürme in einem Ausmaße und mit Folgeerscheinungen, wie sie bisher nur in Hamburg oder Kassel aufgetreten waren. So wurden starke Bäume umgeknickt, Autos umgeworfen, Kraftfahrspritzen von den Saugleitungen losgerissen, Feuerschlauchleitungen auf Bäume und Hochspannungsleitungen geschleudert, Männer der Feuerlöschkräfte über Straßen und Plätze gewirbelt und dabei getötet oder verletzt.


Schon immer sollten die Wasserleitungen erneuert werden, neunzig Prozent aller Vorräte hingen an einem einzigen Hochbehälter, die Rohre erzeugten zu wenig Druck, sie hätten dicker sein müssen. Weil die Stadt die Kosten scheute, stellte sie einige wenige preiswerte Löschbottiche auf, dementsprechend länger musste das Schlauchmaterial sein. Es reichte aber hinten und vorne nicht. Leipzig war außergewöhnlich feuerempfindlich; zur altstädtischen Enge kam die reiche Lagerhaltung der Stadt, insbesondere der Buchverleger. Fünfzig Millionen Bücher gerieten in Brand.41 Prozent sämtlicher Wohnungen wurden durch den Feuersturm zerstört.

Bei der Dienstbesprechung am 19.11.1943 im Restaurant „Zum guten Tropfen“ wurde berichtet, dass bei dem Katastropheneinsatz im Ortsteil Sommerfeld nach dem Bombenangriff in der Zeit vom 20. – 26. Oktober 1943 insgesamt 2354 Arbeitsstunden Löschhilfe geleistet wurden. Bei jedem Fliegeralarm hatte sich jeder Kamerad im Schutzraum der Schule (heute Gymnasium) einzufinden. Laut Protokoll war beispielsweise in der Zeit vom 18.01. bis 15.02.1944 10 mal Fliegeralarm. Der letzte Eintrag im Protokollbuch trug das Datum 16.02.1945. Erst am 16.08.1946 trafen sich die Kameraden wieder zu einer Dienstbesprechung im „Goldenen Stern“. Dabei wurde festgestellt, dass 9 Kameraden noch nicht aus dem Krieg heimgekehrt waren.

Nach dem Krieg wurden auf Anweisung der Besatzungsmächte die bisherigen Führungskräfte in den Organisationen und Verwaltungen ausgewechselt. Die erste Dienstbesprechung der Engelsdorfer Feuerwehr fand am 16.08.1946 im "Goldenen Stern "statt. Nach Gründung der DDR im Jahre 1949 wurden Feuerwehren und Brandschutz der Hauptverwaltung der Volkspolizei unterstellt. Noch bis 1959 hatte die FFW ihr Depot im Hofe der Schule. Dann konnte der Umzug in das durch viele Aufbaustunden der Wehrmitglieder geschaffene Depot 2 in der Althener Straße durchgeführt werden. Mit einer Einweihungsfeier am 12.12.1958 nahmen die Kameraden die neuen Räume in Besitz.

Im Mai 1985 musste die Feuerwehr zu einen Großbrand im damaligen VEB Chemiehandel ausrücken. Eine Lagerhalle, in der sich explosive Chemikalien befanden, brannte bis auf die Grundmauer nieder. Der Einsatz, der mit Unterstützung der Berufsfeuerwehr des RAW einen erfolgreichen Abschluss fand, dauerte immerhin eine knappe Woche.